Industrielles Testfeld für sauberes Wasser
Pressemitteilung Fraunhofer IKTS vom 04. Oktober 2022
Die Industrie hat unter allen Wirtschaftssektoren Deutschlands den größten Wasserbedarf. Umso bedeutsamer ist es für sie, über effiziente Technologien zur Reinigung und Kreislaufführung des Wassers zu verfügen. Diese sollen idealerweise auch die Rückgewinnung von Energie und wertvollen Rohstoffen für den erneuten Einsatz in der Produktion ermöglichen. Fraunhofer-Forschende haben dafür nun eine Versuchs- und Technologie-Plattform entwickelt, die all diese Fragen praxisnah adressiert. Sie steht direkt auf dem Gelände eines Großklärwerks, das das Abwasser eines der größten europäischen Chemieparks reinigt.
Dank strenger Vorschriften für das Einleiten von Abwässern in Flüsse und leistungsfähiger Klärwerke mit mehrstufigen Filtern und biologischen Reinigungsanlagen kann sich Deutschland über eine hohe Wasserqualität und erstklassiges Trinkwasser freuen. Doch die Qualitätsanforderungen steigen und die Wasserwirtschaft steht vor neuen Heraus-forderungen. Das liegt zum einen an der Verknappung der Ressource Wasser: Klimatisch bedingt sinkt das Angebot, aber gleichzeitig wächst der Bedarf wie in der Landwirtschaft oder durch die flächendeckende Umstellung auf Wasserstoffwirtschaft.
Forschungsplattform direkt auf dem Werksgelände
Nun hat Fraunhofer ein Projekt gestartet, das die Reinigung von industriellem Abwasser auf ein neues Niveau heben und einen noch effizienteren Schutz der Gewässer und des Trinkwassers ermöglichen soll. Ein weiteres Ziel besteht darin, wiederverwertbare Stoffe aus dem Abwasser zu holen. »Manche Rückstände oder Prozesschemikalien im Industrieabwasser sind wieder als Rohstoff für die Industrie nutzbar. Das trifft beispielsweise auf verschiedene Salze oder Metalle zu. Wir entwickeln Verfahren, mit denen sich diese Rohstoffe aus dem Abwasser zurückgewinnen lassen«, erklärt Faßauer. Neben dem Fraunhofer IKTS sind auch die Fraunhofer-Institute für Solare Energiesysteme ISE, für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS und für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME als Projektpartner beteiligt.
Das Besondere ist, dass die Fraunhofer-Forscherinnen und -Forscher ihre Technologie-Plattform nicht im Labor installiert haben. Sie haben vielmehr eine Reihe von Versuchscontainern auf dem Gelände des Gemeinschaftsklärwerks Bitterfeld-Wolfen aufgestellt. Das Klärwerk ist eines der modernsten in Mitteldeutschland. Es reinigt neben kommunalen Abwässern vor allem die industriellen Abwässer der knapp 300 Unternehmen des Chemieparks Bitterfeld-Wolfen, eines der größten in Europa. »Hier sind wir direkt vor Ort und können gezielt, kontinuierlich und in relevanten Mengen auf bestimmte Abwässer zugreifen. So sind wir in der Lage, die Experimente nahe am Industriemaßstab und unter realen Bedingungen durchzuführen«, freut sich André Wufka, Gruppenleiter Systemtechnik Wasser und Abwasser. Ein wesentlicher Vorteil der Technologie-Plattform ergibt sich aus dem Grundkonzept des modularen Aufbaus. Aggregate und Anlagen lassen sich jederzeit austauschen oder an einer anderen Stelle im Prozessablauf platzieren. So können die Experten-Teams nahezu beliebig technische Prozesse im Klärwerk nachbilden, analysieren, umstellen und optimieren.